Rettung aus Zbąszyń

 

Im Winter 1938/39 reisten außer Journalisten auch Delegationen ausländischer Hilfsorganisationen nach Zbąszyń, um sich ein Bild von der dramatischen Lage der Flüchtlinge zu machen. Der britische Rechtsanwalt Elsley Zeitlyn entschied bei seinem Besuch im Januar 1939, mithilfe des ‚Polish Jewish Refugee Fund‘, dem er als Schatzmeister angehörte, Kinder aus Zbąszyń mit einem eigenen Kindertransport nach England zu holen. Wieder zurück in Großbritannien suchte Zeitlyn in Zusammenarbeit mit anderen Hilfskomitees Unterkünfte und Garantiegeber.

 

Besonders alleinstehende Väter oder Mütter, die ihre Kinder angesichts des eigenen Ausweisungsbefehls nicht in Deutschland hatten zurücklassen wollen, befanden sich in Zbąszyń in einer verzweifelten Lage. Viele von ihnen hofften darauf, dass ihre Kinder nach Großbritannien gerettet werden könnten.

 

»Da ich Witwe bin, kann ich unmöglich hier in Polen für den Unterhalt meiner Kinder aufkommen. Alle meine Töchter sind vernünftige, intelligente und gesunde wie auch selbständige Mädels. Ihnen wird es doch sicherlich möglich sein, meine Kinder aus diesem Elend herauszuholen. Da langsam die Auflösung des Lagers Zbąszyń beginnt, bitte ich um schnelle Hilfe.« *

 

DREI KINDERTRANSPORTE AUS ZBASZYN
Eine erste Liste des Hilfsfonds, die 50 Kinder umfassen sollte, war schnell voll. Mitte Januar reisten die Mädchen und Jungen zunächst nach Warschau und von dort zum polnischen Ostseehafen Gdynia. Das Schiff mit dem ersten Kindertransport aus Zbąszyń legte am 15. Februar 1939 an den Docks nahe der Tower Bridge in London an.

 

Mit einer zweiten Liste des Refugee Fund konnten noch einmal etwa 100 Kinder nach England gerettet werden. Am 1. August erreichten sie mit der S.S. Warszawa London, aber viele der vorgemerkten Kinder hatten keinen Platz bekommen. Es gelang Zeitlyn, einen dritten Transport zu organisieren. Die letzten 83 Kinder aus Zbąszyń landeten am 30. August 1939 in London, zwei Tage vor dem deutschen Überfall auf Polen.
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* Paula K. an Elsley Zeytlin, 29. Mai 1939. Frau K. war mit ihren Töchtern aus Gladbeck nach Zbąszyń abgeschoben worden. University of Southampton, Hartley Library, MS 183-575, Folder III.

Diese Tafel Schokolade bekam Klara Klajman (später: Chaja Chowers) von den Eltern zu ihrem 16. Geburtstag nach England geschickt. Die aus Essen stammende Klara war mit dem ersten Kindertransport aus Zbąszyń gerettet worden, wo ihre Eltern zurückbleiben mussten. Bildnachweis: Ghetto Fighters House Museum, Chaja Chowers, private collection